Zuchteinsatz von Trägerhunden....Zuchteinsatz von Trägerhunden - warum nicht?
Gentests in der Hundezucht - es wird immer umfangreicher und leider auch immer verwirrender für die Züchter. JME, DM, Dilute-Faktor, EOAD, Hämophilie…all das sind Schlagwörter, die uns auf den Webseiten und auf Facebook entgegenschlagen.
Wie man vernünftig mit den Ergebnissen von Gentests umgeht, das ist die Schwierigkeit und die große Herausforderung unserer Zeit.
Was Gentests generell angeht, so stehen wir bei unserer Rasse im Moment noch ganz am Anfang. Im Laufe der nächsten Jahre werden sicherlich eine Vielzahl von neuen Tests entwickelt und wir müssen lernen, mit diesen Ergebnissen vernünftig um zu gehen und nicht das „Kind mit dem Bad auszuschütten“, wie man so schön sagt.
In der Regel hört man von den Züchtern einfach nur “ich nehme nur einen Deckrüden, der bei allen Gentests frei ist…“ oder „ich hole mir das doch nicht durch einen Träger rein….“.
Ganz so schwarz/weiß dürfen wir die Sache jedoch nicht sehen, denn so simpel ist es nicht - auch wenn es im ersten Moment so erscheint.
Unser Genpool wird massiv eingeengt, wenn wir uns schlussendlich nur auf einige wenige Zuchttiere beschränken, die dann natürlich exzessiv eingesetzt werden.
Gentests werden immer wichtiger für die Zucht, aber generell Trägerhunde von der Zucht auszuschließen ist züchterische Dummheit.
Zum besseren Verständnis müssen wir zunächst auf die Vererbung eines rezessiven Gens etwas genauer eingehen.
Was ist ein Autosomal-rezessiver Erbgang?
Der autosomal-rezessive Erbgang ist eine Form der Vererbung, bei dem das defekte Allel auf beiden Chromosomen vorliegen muss, damit die Krankheit bzw. das Merkmal ausgeprägt wird. Es erkranken nur homozygote Träger des betroffenen Allels.
Nehmen wir als Beispiel die juvenile myoklonische Epilepsie (JME), über die in den letzten Monaten sehr viel gesprochen wurde.
Wenn der Gentest durchgeführt wird, so kann es 3 unterschiedliche Ergebnisse geben:
N/N – frei von JME JME/N – Träger des Defektgens JME/JME – betroffen von der JME (erkrankt)
Das bedeutet, dass ein Hund, der N/N getestet wurde, das Defektgen nicht trägt und dieses folglich auch nicht vererben kann.
Ein Hund, dessen Ergebnis JME/N ist, trägt das Defektgen in sich, wird jedoch selbst nie daran erkranken. Es bedeutet aber auch, dass er dieses Defektgen an seine Nachkommen weiter geben kann (statistisch 50/50) und deshalb auch einen Zuchtpartner mit dem Ergebnis N/N benötigt, damit keiner der Nachkommen erkrankt.
JME/JME ist der Genstatus bei erkrankten Tieren. Mit ihnen darf selbstverständlich keinesfalls gezüchtet werden.
Um das Ganze zusammen zu fassen: Ein Hund, der ein Allel eines erkrankten Gens in sich trägt, wird niemals erkranken! Mit einem freien Zuchtpartner wird er niemals kranke Nachkommen haben!
Was bedeutet das für die Zucht?
Ein Beispiel zur Veranschaulichung:
Ein Rüde wird von zahlreichen Züchtern als Deckrüde eingesetzt, weil er bei allen Gentests, die aktuell zur Verfügung stehen, frei ist. Ein paar Jahre später wird ein neues Gen entdeckt, das für eine Erkrankung verantwortlich ist, und auch ein neuer Test entwickelt. Der Rüde, der bisher bei allen Gentests frei war, ist nun Träger für dieses neu entdeckte Gen.
Dann haben wir die Situation, dass dieser Rüde natürlich dieses Defektgen an eine Vielzahl seiner Nachkommen weiter gegeben hat.
Ein anderer Rüde, der sich bei einem der damals möglichen Gentests als Träger herausgestellt hatte, wurde auf Grund dieses Ergebnisses von den Züchtern nie zur Zucht verwendet. Dieser Rüde ist jedoch auf dieses neu entdeckte Gen frei getestet, und jetzt…?
Im schlimmsten Fall ist diese Blutlinie für die Zucht verloren, weil der Rüde dann zu alt ist und keine Nachkommen mehr zeugen kann. Und das nur, weil es den Züchtern an Weitsicht gefehlt hat.
Dieses Beispiel zeigt, dass wir mit Gentests sehr vorsichtig umgehen müssen. Ein übermäßiger Einsatz von immer den gleichen Rüden ist keinesfalls sinnvoll und birgt auch Gefahren, denn je mehr Tests entwickelt werden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass irgendwann mal jedes einzelne unserer Zuchttiere auf irgendein Gen als Träger getestet wird.
Wenn wir so engstirnig an die Zucht rangehen, dann haben wir am Ende keine Zuchthunde mehr.
Auch Trägerhunde haben eine Berechtigung in der Zucht und für die genetische Vielfalt ist es wichtig, das nicht außer Acht zu lassen!
Selbstverständlich dürfen sie nur mit Zuchtpartnern verpaart werden, die bei diesem Gentest frei getestet wurden, damit keine von dieser Krankheit betroffenen Tiere gezüchtet werden. Aber für Krankheiten mit einem rezessiven Erbgang, für die es bereits Gentests gibt, ist das eben auch ganz einfach.
Wir müssen uns davor hüten ganze Blutlinien zu brandmarken auf Grund dessen, dass einige Hunde in diesen Linien als Träger getestet wurden. Bei manchen Erkrankungen sind die Linien bekannt und sicherlich sollte man diese auf keinen Fall doppeln, aber es darf nicht dazu führen, dass grundsätzlich bestimmte Linien nicht mehr in der Zucht eingesetzt werden, denn das würde unseren genetischen Flaschenhals noch mehr einengen und zu anderen Problemen führen.
Das Denken der Züchter über Generationen - nicht nur von einem Wurf zum anderen - das ist die große Herausforderung – war es schon immer und wird es immer sein. Gentests können uns in der Zucht unterstützen, sie sind jedoch nicht das einzige Mittel. Vernünftig eingesetzt sind sie heute und auch in Zukunft eine große Hilfe für uns, um die Zucht von gesunden Hunden voran zu bringen.
Monika Pehr
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