Vermeidung des Gendefekts DS und Erweiterung des GenpoolsPersönliche Gedanken zur Zucht unserer Rasse und den Zuchteinsatz von ridgelosen Ridgebacks zur Vermeidung des Gendefekts Dermoid Sinus und Erweiterung des Genpools
Als ich im Jahr 2008 in meiner Funktion als 1.Vorsitzende des Club ELSA das Zuchtprogramm zur Vermeidung des Dermoid Sinus beim VDH beantragt habe und der VDH den Zuchteinsatz von ridgelosen Ridgebacks zu diesem Zweck genehmigt hat, war mir nicht klar, wie massiv der Widerstand in der Ridgeback-Welt (vor allem in Deutschland) sein würde. Dass es Menschen gibt die mit allen Mitteln gegen Züchter kämpfen, denen die Gesundheit der Rasse, die Bekämpfung eines Gendefekts und die Erweiterung des Genpools wichtig ist – auf diese Idee wäre ich gar nie gekommen.
Aber zum Anfang…
Auch der weiteste Weg beginnt mit einem ersten Schritt… diesen ersten Schritt bin ich gegangen, als ich im Jahr 1998 meine Stammhündin Beris Bilé Karpaty „Kimba“ als Welpe zu mir geholt habe. Der Rhodesian Ridgeback hat mich fasziniert, seit ich einige Hunde dieser Rasse ein Jahr zuvor zum ersten Mal live gesehen habe. Diese Faszination ist bis heute geblieben.
… begann im Jahr 2001 mit Kimba’s erstem Wurf. Es waren 8 Welpen – alle mit Ridge, aber leider hatten zwei davon einen DS. Als Erstzüchter war das für mich eine schreckliche Erfahrung und ich überlegte tatsächlich die Zucht gleich wieder ein zu stellen, weil ich einfach keine Hunde mit einem Gendefekt züchten wollte. Sicherlich – man konnte den DS operieren und das wurde bei diesen beiden Welpen dann im Alter von 5 Monaten auch gemacht (sie sind beide gesund alt geworden), aber gab es keine andere Möglichkeit?
Der Dermoid Sinus
Bereits in den ersten Publikationen über unsere Rasse wird der Dermoid Sinus dokumentiert (T.C.Hawley – The Origin, History and Standard von 1957) und das töten von ridgelosen Ridgeback-Welpen war absolut kein Tabu-Thema sondern gängige Praxis – und zwar weltweit. Je mehr ich mich mit dem Thema beschäftigte, desto intensiver wurde mein Wissensdrang nach den Hintergründen und umso wichtiger erschien es mir etwas tun zu müssen.
Die Ergebnisse der Studien in Schweden wurden 2007 veröffentlicht und von Prof. Tosso Leeb (Institut für Genetik der Universität Bern) anlässlich der Tagung der Zuchtverantwortlichen des VDH im November 2007 vorgestellt, an der ich teilgenommen habe. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereits 1.Vorsitzende des Club ELSA und nutzte die Gelegenheit vor Ort gleich persönlich mit dem Referenten und den damaligen Vorsitzenden des wissenschaftlichen Beirats des VDH und der VDH-Zuchtkommission zu sprechen. Einige Tage später formulierte ich bereits eine erste Anfrage und blieb mit den VDH-Verantwortlichen ständig in Kontakt. Am 08.02.2008 wurde von mir im Namen des Vorstands des Club ELSA schließlich ein offizieller Antrag auf Versuchszucht beim VDH gestellt.
Schon im Oktober 2008 fiel der erste Wurf mit einer ridgelosen Hündin und einem ridgetragenden Rüden im Club ELSA - die 9 Welpen dieses Wurfes hatten alle einen Ridge und KEINEN Dermoid Sinus.
Im Jahr 2014 entschloss ich mich aus einem Wurf meiner Nachzuchthündin Thuraia Etana Kianga, die Stammhündin in der Schweiz bei Familie Bussmann im Kennel KIANGA war, eine ridgelose Hündin zu holen. Diese Entscheidung habe ich sehr bewusst getroffen, denn ich war immer davon überzeugt, dass der Zuchteinsatz von ridgelosen Hunden in der Rhodesian Ridgeback Zucht absolut sinnvoll ist. Ginny, die ridgelose Hündin, war m. E. die beste Hündin im Wurf und deshalb stand für mich fest – sie kommt zu uns. 2018 hatte sie ihren ersten Wurf – wie erwartet hatte keiner der Welpen einen DS.
Auch Ginny‘s ridgelose Schwester Bashira kam nach Deutschland und hatte 2017 einen Wurf - keiner der Welpen hatte einen DS. Im gleichen Jahr viel ein weiterer Wurf im Club ELSA mit einer ridgelosen Hündin – auch hier gab es keinen Welpen mit DS, obwohl alle einen Ridge hatten.
Ein weltweites Thema In den nächsten Jahren tat sich auch im Ausland auch einiges – u.a. hatte Ann Chamberlain, langjährige Züchterin von Rhodesian Ridgebacks und Autorin zahlreicher Bücher, einen Wurf mir ihrer ridgelosen Hündin. Auch hier hatten alle Welpen einen Ridge und es gab keinen Dermoid Sinus. Sie hat zu diesem Thema auch einen Artikel geschrieben The big genetic experiment. Ihr Schlusssatz im Artikel: Wir dürfen das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Möglicherweise benötigen wir die ridgelosen Hunde auf ganzer Linie.
Ich selbst schrieb unzählige Artikel über die Zucht mit ridgelosen Ridgebacks, den genetischen Hintergrund und die Intension, die dahinter steckt und nach und nach wurde das Thema auch für immer mehr Wissenschaftler und Genetiker interessant.
Im Jahr 2017 stellte die FCI sogar die Überlegung an für die ridgelosen Ridgebacks eine eigene Varietät zu schaffen, die selbstverständlich mit den ridgetragenden Ridgebacks verpaart werden darf ( FCI proposal for ridgeless varian ). In wie weit diese Idee weiter verfolgt wird ist derzeit nicht bekannt.
In der Ridgeback-Welt wurde das Thema heiß diskutiert, vor allem während des Rhodesian Ridgeback Worldcongress (RRWC) 2008 in Irland und 2016 in Schweden.
Anlässlich des RRWC in Schweden 2016 wurde am Ende des Kongresses folgendes beschlossen:
Bei der Vererbung des Ridges handelt es sich um einen einfachen, rezessiven Erbgang. Hier steht das dominante Gen R für den „Ridge“ und das rezessive Gen r für „ridgelos“.
Seit einigen Jahren gibt es nun auch einen Gentest für den Ridge, entwickelt von Miroslav Hornak am „Genetic and Reproduction Veterinry Research Institute Brno“ ( Ridge Gene Test ). Laut diesem Test ist die überwiegende Zahl der getesteten Welpen mit Ridge und DS homozygot für den Ridge, was die wissenschaftlichen Erkenntnisse der vergangenen Jahre bestätigt.
Der Wurf mit meiner Ginny im Jahr 2018 war der letzte Wurf im Rahmen des VDH-Zuchtprogramms zur Bekämpfung des DS, denn der VDH hat das Programm im Sommer 2018 eingestellt mit der Begründung, dass es schlichtweg nicht mehr erforderlich ist weil man inzwischen weiß, dass homozygote Ridgeträger (Genstatus R/R) ein erhöhtes Risiko für den Dermoid Sinus haben.
Im April 2019 schließlich teilte der VDH den Rhodesian Ridgeback Zuchtvereinen mit, dass der Zuchteinsatz von ridgelosen Ridgebacks in der VDH-Zucht grundsätzlich zulässig ist. (Hinweis: in einigen skandinavischen Ländern haben die Kennelclubs das schon vor einigen Jahren zugelassen und inzwischen haben auch dort einige Züchter ridgelose Hündinnen, die in die Zucht gehen werden).
In Deutschland war dies der Startschuss für einen Shitstorm gegen die Züchter mit ridgelosen Hündinnen und sogar deren Nachkommen.
Die Tatsache, dass man inzwischen weiß, dass für den Ridge homozygote Ridgebacks ein erhöhtes Risiko haben den Gendefekt Dermoid Sinus zu tragen und, miteinander verpaart, zu vererben, und Genetiker und Biologen weltweit den Einsatz von ridgelosen Ridgebacks befürworten wird einfach ignoriert. Es ist viel wichtiger NUR mit Hunden, die einen Ridge tragen zu züchten und man nimmt das Risiko Dermoid Sinus weiterhin in Kauf und die Tatsache, dass diese Welpen operiert werden müssen um zu überleben! Stattdessen wird weiter mit allen Mitteln gegen den Zuchteinsatz von ridgelosen Ridgebacks gekämpft, warum auch immer das so ist.
Der Ridgeback steht aufgrund des Dermoid Sinus (DS) auf dem Qualzuchtgutachten.
Trotz jahrelanger, intensiver Forschung ist ein Gentest für den Dermoid Sinus immer noch nicht verfügbar. Es ist ungewiss ob und wann es einen aussagekräftigen Test geben wird, obwohl permanent behauptet wird, man stünde kurz davor.
Das Tierschutzgesetz und das Europäische Übereinkommen zum Schutz von Heimtieren legt Bedingungen zum Schutz von Heimtieren fest. U.a. steht hier geschrieben:"Defektgene und genetisch bedingte Anomalien sind in der Züchtung (Selektion) so zu berücksichtigen, dass möglichst keine Nachkommen (Merkmalsträger) entstehen, die mit Schmerzen, Leiden oder Schäden behaftet sind."
Ein deutscher Tierarzt verkündete im vergangenen Jahr stolz, dass er seinen 1000sten Dermoid Sinus operiert hat (und er ist bei Weitem nicht der einzige Tierarzt in Deutschland, der diese Operation durchführt)! Aber... wir haben ja kein DS-Problem in der Rasse? Wer kann das noch glauben, wenn solche Fakten veröffentlicht werden?
Niemand wird dazu gezwungen ridgelose Ridgebacks in seiner Zucht zu integrieren, aber jeder Züchter sollte das für sich selbst entscheiden dürfen. Dass der Einsatz von ridgelosen Ridgebacks sicherlich nicht die Regel sondern eher die Ausnahme sein wird ist völlig klar, aber es sollte dem Züchter obliegen, ohne dass er an den Pranger gestellt wird.
„Das Ziel der Hundezucht besteht darin, funktional gesunde Hunde mit einem für die Rasse typischen Körperbau und Wesen zu züchten, die ein langes und glückliches Leben zum Nutzen und der Freude des Halters, der Gesellschaft und des Hundes selbst führen können. Die Zucht sollte so durchgeführt werden, dass sie die Gesundheit und das Wohlergehen der Nachkommen sowie der Hündin fördert. Wissen, Redlichkeit und Zusammenarbeit auf nationaler und internationaler Ebene sind die Grundvoraussetzungen für die Zucht gesunder Hunde. Züchter sollten ermutigt werden, die Bedeutung der Kombination von Hunden sowie der Auswahl des einzelnen, für die Zucht verwendeten Hundes hervorzuheben……“
Die FCI-Zuchtkommission hat bereits 2012 folgende Empfehlung an den Zentral-Ausschuss ausgesprochen:
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
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